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Dr. Josch Hoenes



14.10.1972     22.09.2019

Liebe Freund*innen,

wir sind fassungslos und tief getroffen von der Nachricht, dass unser Freund und Vorstands­kollege Josch Hoenes am 22. September 2019 völlig unerwartet verstorben ist.

Josch hat die Arbeit der Stiftung mit seinem Wissen und seinem Engagement enorm bereichert. Als Vorstandskolleg*innen werden wir seinen feinen Intellekt und seine analytischen Fähigkeiten, sein entspanntes Wesen und seinen Humor, seine tief empfundene Menschen­freundlich­keit und sein geerdetes Anpacken schmerzlich vermissen.

Mit Josch ist der LGBT*-Community ein wichtiger Aktivist verloren gegangen. Wir trauern mit allen, denen er ebenso fehlt wie uns, und wir wünschen seinen Lieben und seiner Familie viel Kraft in diesen schweren Stunden.

Wir vom Vorstand und vom Beirat der hms wollten noch so Vieles mit Josch gemeinsam voran-bringen. Es ist im Moment noch unvorstellbar, dass er nun nicht mehr dabei sein soll.

Tief traurig grüßen Sie und Euch
vom Vorstand der hms Klaus Müller, Karen Nolte, Josef Schnitzbauer, Klaus Stehling
vom Stiftungsbeirat Robin Bauer, Michael Kloss, Sven Norenkemper, Dagmar Priepke, Arne Seydack, Hartmut Schönknecht, Torsten Schrodt

Trauerrede der hms für Josch
gehalten auf der Trauerfeier am 25.10.2019

Wir trauern um Josch! Schmerzlich vermissen wir ihn täglich als Freund und Kollegen in unserer gemeinsamen Arbeit und Kommunikation in der Hannchen Mehrzweck Stiftung.

Josch kam 2012 als fünftes Mitglied in den Vorstand der Hannchen Mehrzweck Stiftung. Eigentlich waren wir aus paritätischen Gründen auf der Suche nach einer Lesbe für den Vorstand. Doch dann schien uns die Erweiterung des Vorstands um eine Person aus der trans*-Bewegung sinnvoller, überfällig und absolut notwendig.

Mit Josch kam ein Mensch in unsere Gruppe, der nicht nur die bisher fehlende Kompetenz für den Förder­bereich trans* und inter* mitbrachte, mit ihm veränderte sich auch die Gruppen­dynamik im Vorstand. Josch hat uns alle berührt mit seinem freund­lichen ent­spannten und ver­mittelnden Wesen. Sein Lachen war immer ansteckend. Er hat wesent­lich dazu bei­getragen, dass wir eine gute Kultur der Aus­einander­setzung und Kommuni­kation in Vorstand und Beirat entwickelt und bewahrt haben.

Josch konnte Probleme und Potentiale von Projekten aus der Trans*-Community vermitteln, die wir als Cis-Personen nicht wahr­nehmen konnten. Wir haben seine Bereit­schaft, sich als einzige Trans*-Person in eine bis vor kurzem ansonsten nur von Cis-Personen getragene queere Stiftung einzu­bringen, sehr wert­geschätzt. Josch war sich aufgrund seines eigenen Lebens­weges nur zu bewusst, dass die Stiftung den Schritt von der schwulen zur schwul-lesbischen Stiftung noch nicht abge­schlossen hatte, zumindest was die gleich­berechtigte Repräsentanz in den Gremien angeht. Er wusste um die Dominanz von schwulen Männern in solchen schwul-lesbischen Kontexten, teilte sicher­lich auch die Skepsis, die mit dieser „Freundschaft unter Vorbehalt“ verbunden war. Er wusste darüber hinaus, dass auch die Bündnisse zwischen Trans*-, Inter*- und Cis-Kontexten in der queeren Community brüchig sind. Und trotz­dem hat er sich ent­schieden, einen nicht unwesent­lichen Teil seiner Zeit in unsere gemeinsame Arbeit in der Hannchen-Mehrzweck-Stiftung zu investieren.

Josch hat uns als solidarisch Streitender auf unserem Weg begleitet. Josch hat die Möglich­keiten erkannt – und Josch hat vertraut. Er hatte Zutrauen in die Menschen, und auf diese Weise hat er Raum für gemeinsames Neu- und Anders­denken geschaffen.

So ging es auch uns mit ihm.

Josch hatte die schmerzhaften Konflikte in der queeren Community sehr gut im Blick, die sich im Umfeld seines Lebens­mittel­punkts Berlin in besonderer Weise ausprägen und die hier in besonderer Schärfe ausgetragen werden. Und Josch war in der Lage, die Komplexität und Viel­schichtig­keit dieser Konflikt­lagen zu verstehen und einzu­ordnen und vor allem: sie auszuhalten und das Potential in ihnen zu erkennen. Uns als Förder­stiftung hat er mit diesem Wissen und diesen Fähig­keiten enorm bereichert. Er hat uns Orien­tierung gegeben und viel dazu bei­getragen, dass wir qualifi­zierte Entschei­dungen treffen konnten. Aus diesen Gründen freute es uns sehr, dass Josch gemeinsam mit uns anderen Vieren im November für weitere 3 Jahre für den Vorstand kandi­dieren wollte.

Josch hatte oft so Vieles gleich­zeitig zu erledigen. So war es auch, als Jo und Klaus ihn anläss­lich 50 Jahre Stonewall bei Vielbunt in Darmstadt trafen: Sie waren einiger­maßen geplättet, als Josch bei seiner – ziemlich knappen und etwas atemlosen – Ankunft erzählte, dass er nicht dazu gekommen sei, die Rede vorzubereiten. Bei einer Veranstaltung, wo u. a. auch der Ober­bürger­meister und der Sozial­minister eingeladen waren, hätten die meisten Leute in einer solchen Situation wahr­schein­lich „erkrankt“ abgesagt. Josch war das schon auch peinlich, aber er hätte im Zug einfach keine Zeit mehr gehabt, weil so viele andere Dinge noch hätten geregelt werden müssen. Und dann hat Josch frei gesprochen, strukturiert, entlang von wenigen Frage­stellungen, sicherlich 10 Minuten lang. Zwischendurch hat er immer mal wieder kurz inne­gehalten, geschwiegen und dann sicher weiter­gesprochen. Es gab viel Beifall.

In den letzten beiden Jahren war es uns als Vorstand wichtig, einmal jährlich einen Ausflug zu machen, um einen Tag ohne Stiftungs­arbeit freund­schaft­lich miteinander zu verbringen. Wir denken heute mit Dank­barkeit, aber auch mit großer Traurig­keit an diese privaten Momente. Dies gilt auch für die intensiven Gespräche mit Josch an den Abenden im Waldschlösschen anläss­lich verschiedener Klausur­wochenenden, bei denen Josch stets eine besondere Ausdauer bewies und bis tief in die Nacht wach blieb. Wir hatten den Eindruck, dass auch Josch sich in unserem Kreis sehr wohl­fühlte. Wir haben leider nicht immer die Zeit gefunden, uns über unsere jeweilige persön­liche Situation auf dem Laufenden zu halten.

Aber uns allen stand vor Augen, dass nach einer langen Phase, in der Josch sich sehr intensiv und unter nicht immer einfachen Rahmen­bedingungen in wichtige aktuelle politische Diskussionen eingebracht hatte, mit der Übernahme der Referenten­stelle in der Bundes­stiftung Magnus Hirschfeld eine ruhigere Zeit für ihn anbrechen würde. Und eigent­lich waren wir davon ausge­gangen, dass auch das nur eine temporäre Unter­brechung seiner wissen­schaft­lichen Lauf­bahn sein würde. Wir hätten ihm sehr gegönnt, dass sein Traum von einem Institut oder Freiraum für Trans*Forschung in Erfüllung gegangen wäre, und es schmerzt sehr, dass er das nun nicht mehr erleben wird.

Viel zu kurz war die Zeit, die wir mit ihm hatten! Josch, wir vermissen dich sehr!

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