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Queer und Hörgeschädigt - na und? Empowerment-Wochenende für junge LSBTIQ*

Angebote für Menschen, die LSBTIQ* und hörgeschädigt sind, gibt es im deutschsprachigen Raum nur sehr vereinzelt. Und das, obwohl diese Zielgruppe "doppelt anders" ist und damit nicht nur zu ihrem Handicap stehen, sondern auch selbstbewusst mit ihrer Sexualität umgehen muss.

Ein Wochenend-Workshop für junge, schwerhörige LSBTIQ* von 18 - 30 Jahren sollte dazu beitragen, die eigene Persönlichkeit zu stärken, um selbstbewusst zum "doppelt anders" sein zu stehen, sowie Strategien gegen Diskriminierungen in Alltag, Schule, Studium, Beruf vermitteln.


Aus dem Projektbericht:

Organisiert wurde ein Wochenend-Workshop, an dem insgesamt 16 junge, schwerhörige LSBTIQ* von 23 - 30 Jahren aus Österreich (Tirol, Steiermark) und folgenden deutschen Bundesländern (von Nord nach Süd) teilnahmen: Hamburg, Berlin, Niedersachsen, Nord- rhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg, Bayern. Veran- staltungszeitraum war der 16. - 18. November 2018.

Durchgeführt wurde das Wochenende bewusst nicht in einer Metropole, sondern mit Bay- reuth in einer Mittelstadt und Oberzentrum einer ländlichen geprägten Region (Fichtelge- birge, Frankenwald, Fränkische Schweiz), in der es bislang weder ein adäquates Angebot für queere (junge) Menschen noch überhaupt eine ausreichende queere Sichtbarkeit gab.

(...)

Auf Wunsch der Teilnehmenden, die zu Beginn des Workshops am Freitag abend ihre Erwartungen und Wünsche formulierten, lag der Fokus des Workshops sehr stark auf dem Kommunikationsaspekt: die Kommunikation der eigenen Sexualität (und des Handicaps) in der Gesellschaft. Wie und wann kommuniziere ich mein Handicap und meine Sexualität in Arbeitsleben, Uni, (Berufs-)schule…, bei neuen Freunden, im Café? Wie kann ich auf dem Arbeitsplatz oder in einer neuen Umgebung mein Handicap so kommunizieren, dass ich tatsächlich von meinen Mitmenschen vorbehaltlos inkludiert werde? Für LSBTIQ*- Hörgeschädigte stellt sich zusätzlich oft die Frage, wie sie mit ihrer Sexualität in verschiedenen Situationen umgehen sollen, da nicht alle Teile der Gesellschaft einer „anderen Se- xualität“ vorurteilsfrei begegnen. Davon zeugt auch, dass „schwul“ oder „homo“ in der Öf- fentlichkeit teils als Schimpfwörter benutzt werden. Im worst-case werden beide Eigenschaften negativ in einen Topf („Die schwule taube Nuss!“) geworfen. Die große Herausforderung ist also, das „Anders sein“ selbstbewusst und taktisch positiv zu kommunizieren – und im besten Fall intoleranten Menschen den Wind nachhaltig aus den Segeln zu nehmen.

Auch Dates mit einer / einem Normalhörenden bergen für Hörgeschädigte eine zusätzliche Schwierigkeit: wie kommuniziere ich mein Handicap richtig und wie nehme ich dabei meinem Gegenüber die eventuelle Berührungsangst vor dem Unbekannten? Für Situationen wie diese wurden im Workshop ebenfalls geeignete Strategien erarbeitet und in einem ab- schließenden Forumtheater am Sonntag direkt erprobt sowie evaluiert.



Nachgelagert an das Workshop-Wochenende fand gemeinsam mit interessierten Teilnehmer*innen ein Kreativ-Samstag im Februar 2019 in St. Augustin / Bonn statt. Aus den Ideen der Teilnehmer*innen wurde in gemeinsamer Teamarbeit im Lauf des Jahres zusammen mit einer Grafikgestalterin eine ausdrucksstarke Postkarte entworfen und schließlich im Dezember 2019 gedruckt. Nachlaufend an den Druck wird diese im Jahr 2020 einerseits mit Blankorückseite an Teilnehmende und Multiplikatoren (LSBTI*- / Schwerhörigen-Verbände, Cafés, öffentliche Plätze, ...) verteilt werden, andererseits aber auch mit einem Begleitschreiben an Akteure in der Bundes- und Landespolitik versandt werden. Damit soll zum einen bei den Entscheidungsträgern das Bewusststein um die Notwendigkeit der vollständigen Inklusion und die bestehenden Schwierigkeiten geschärft werden. Zum anderen wird die Thematik mit der breiten Streuung der Blanko-Postkarten durch die Multiplikatoren bekannter gemacht und ein Grundstein für die Durchführung weiterer Veranstaltungen gelegt.



Einer der Teilnehmenden, Felix, hat unter dem Titel „Keinohrhasen, Zweiohrhasen und Kronen“ einen persönlichen Erfahrungsbericht des Wochenendes verfasst, den HörEnswert e.V. auf seinem Blog veröffentlicht hat.

Gefördert wurde das Projekt mit 2.700 €.

Weitere Infos zur Arbeit von HörEnswert e. V.: https://www.hoerenswert.org/

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